Rechtzeitig, zwei Monate vor Weihnachten, ist es höchst an der Zeit, dem vergangenen Sommer, der wettertechnisch durchwachsen war aber dafür für jeden etwas dabei hatte, eine kleine Würdigung angedeihen zu lassen.
Hier ist also ein kurzer Nachruf auf einen perfekten Sommertag im Ennstal, zugebracht mit einer Wanderung, einem Badeaufenthalt und einer abendlichen Einkehr. All das lässst sich gut in einen Tag verpacken, von Steyr und Umgebung anreisend.
Zur Wiederholung im nächsten Sommer ist so ein Ablauf unbedingt und so oft wie möglich empfohlen.
Mein erfrischender Genuss- und Energietank-Tag startete in Großraming, einem beschaulichen Dorf, ca. 35 Km südlich von Steyr gelegen, und ausgestattet mit einem Bahnhof. Von hier aus geht es - mit dem Auto - entlang der sattgrünen Enns fluss- und bergaufwärts, immer den Schildern "Ennser Hütte" folgend. Beim Parkplatz Bamacher darf das Auto liegen bleiben und jetzt heißt es raufwandern bis zur Hütte, weiter über urwäldliches Gestrüpp und Stock und Stein und Wiesen, immer am Rande des Nationalparks Kalkalpen.
Der Almkogel-Gipfel ist nach etwa 1,5 Stunden ab Parkplatz erreicht und ist so, wie es sich für einen Gipfel gehört:
Traumhafte Sicht bis weit in den Nationalpark hinein und macht man die Tour wochentags - ist man viel alleine, es sind kaum Gipfelstürmerinnen unterwegs, man trifft aber dafür grell-bunte Blumenwiesen, im Waldmeer verwitterte Bäume mit einer langen Geschichte und glasklare Luft. Auch ein Jausenbrot darf sein, wer ohne wandert, kehrt ein in der Ennser Hütte - der Topfenkuchen hier ist sündig, die Sonnenterasse macht angenehm träge, aber die Aussicht auf ein erfrischendes Bad im glitzernden Reichramingbach, lässt einen den Abstieg in Vorfreude antreten.
Am Bach liegend und mit einem Buch ausgestattet, Mobiltelefone funktionieren nur sehr zaghaft je weiter man den Bach flussaufwärts geht oder fährt, lässt sich der Nachmittag sehr manierlich genießen.
Und für Vergnüngungssüchtige empfiehlt sich nach dem Bade unbedingt noch ein Abendessen am Dorfplatz von Großraming, im Landgasthof Ahrer. Hier kocht die Chefin selbst - und wie! Sie kocht nicht nur, sie dirigiert ganz unaufgeregt und stilvollendet ein wohl eingespieltes Orchester an Mitarbeiterinnen und einen jungen Mitarbeiter, die allesamt freudig bei der Arbeit sind. Frau Ahrer zaubert in ihrem Traditions-Gasthof mit aller Hingabe feine, österreichische Küche aus heimischen, qualitativ hochwertigen Zutaten, und das schmeckt und sieht und fühlt man. Und wenn die Wirtin dann - wohlwissend um meine Lieblings-Nachspeise - ankündigt "Der Palatschinken-Teig ist schon angerührt" - dann kann man gar nicht anders, außer Stammgast werden.
...bedeutet für mich - raus aus den gewohnten Schuhen, weg von vorgetretenen Pfaden, Vorfreude auf so Fremdes wie möglich, Abenteuerlust, auf sich selbst gestellt sein, die Komfortzone verlassen, fremde Sprachen hören, vielleicht verstehen, versuchen zu sprechen, das Tempo ändern, langsamer werden müssen, oftmals auch schnell entscheiden, aber vor allem:
Menschen treffen, auf Menschen treffen, offen sein, tolerant, den Augenblick genießen, tiefere Farben sehen, die Gerüche einer Garküche aufsaugen, Erinnerungen wie wohlgeratene Perlen auf dem Geschmeide des Lebens auffädeln.
Große Lust bereitet mir das Feilschen und Verhandeln mit meinen Lieferantinnen, Besichtigung der schönsten Ware, Fragen über Fragen, Gelassenheit auf der anderen Seite, Preisvorstellungen werden ausgetauscht und angepasst, der Abschluss des Geschäfts wird gefeiert mit dem gemeinsamen Kaffee, am liebsten in einem Verschlag hinter dem Marktstand oder gleich noch im Stehen, mitten im Gewirr von Handelsware und Menschen, sehr geschäftig, bei Hitze, stickiger Luft, Lärm, Gestank darf es auch sein - das ist die Essenz.
Ein Plausch - wie geht's den Kindern? - kompliziertes Einpacken des Erstandenen, oppulente Verabschiedungen krönen die Geschäftsbeziehungen und die Freude ist auf meiner Seite - so schöne Sachen! Und die Freude ist auch auf der anderen Seite - und das verschmitzt-zufriedene Lächeln der Verkäuferinnen in Mexiko, Guatemala, Kolumbien, Brasilien - habe ich noch gesehen im Augenwinkel und entlockt mir ein fröhliches Winken...Bis zum nächsten Jahr...Nos Vemos! Abraco!
Die untenstehenden Fotos zeigen von links nach rechts:
Ciudad Perdida/Kolumbien, Flughafen Isla Providencia/Kolumbien, Nuquí/Chocó/Kolumbien (mit Kapitän Checho samt Ara, der uns zuflog)
Tatacoa-Wüste/Kolumbien, unsere Schmucklieferantinnen und Partnerinnen in Brasilien/Minas Gerais/Brasilien, Leticía/Amazonas/Kolumbien
Ouro Preto/Brasilien, Cidade Baixa/Salvador Bahia/Brasilien, Mompóx/Kolumbien, Rio de Janeiro/vor dem Copacabana Palace Hotel/Brasilien
Unsere Silberlieferantin bei der Arbeit/Mexiko, eine Textilkünstlerin in Chiapas/Mexiko, "It's a family business" - Mutter und Tochter, unsere Partnerinnen für Kleidung/Mexiko
...seit ich mein erstes selbst verdientes Geld in Händen hielt.
Damals vor vielen Jahren, genau genommen in den 1980ern, bedeutete das noch per Zug die klassische Interrail-Reise...reichlich beschwerlich, man benötigte viel Zeit, gute Nerven, kleine Ansprüche, ohne Digitalkamera, ohne Mobiltelefon, ohne Hotel, Zelt- und übrige Reise-Ausrüstung hat man im Rucksack mitgeschleppt, oftmals stundenlang zu Fuß auf der Suche nach dem geeigneten Campingplatz.
Es war ganz normal, sich daheim tagelang, wochenlang nicht zu melden und kaum jemand hat sich groß gesorgt. Die Kommunikation war halt nicht ganz so einfach wie heute, teures Münztelefon, vielleicht schon Telefax, Ansichtskarten wurden noch geschrieben.
Und heute? Ein Reiseblog! Per Internet mit der Welt verbunden, mit den Lieben daheim, mit Interessierten, unterwegs mit Digitalkamera, Mobiltelefon, allerhand Apps ermöglichen Vieles...die Art der Fortbewegung hat sich geändert, ein Flug binnen Brasilien kostet kaum noch mehr als die Zugreise nach Wien, auch verbringe ich die Nacht ganz gerne in einem schönen Hotel - aber Reisen bleibt immer noch Abenteuer, Begegnung, Bewegung, Freude, egal wo es mich hin verschlägt.
Guatemala ist DIE Hochburg der Webkunst. In uralter Maya-Tradition werden die bunten Stoffe oftmals noch mit Naturfarben händisch gefärbt und im traditionellen Muster des jeweiligen Dorfes, der jeweiligen Volksgruppe, von den Mädchen und Frauen gewebt. In Guatemala finden Sie wunderschönes Kunsthandwerk, unverfälscht, mit großer Fertigkeit hergestellt.
Kaufen Sie großzügig ein - es darf gefeilscht werden - um den Fortbestand dieser großartigen Kunst und der bunten Traditionen zu sichern, auch um die Frauen mit ihren Familien zu unterstützen. Antike Kunst wie Monstranzen aus Silber, Kelche, Möbel und Gemälde aus den kolonialen Kirchen sollten Sie allerdings, trotz aller Versuchungen, im Land belassen. Diese Hinterlassenschaft der Spanier gehört Guatemala. Bei der Zollkontrolle in Europa könnte es außerdem ein böses Erwachen geben.
Hintergrundbild: Maximilian Salzer